Dienstag, Januar 16, 2007

Wenn Ihr wüsstet, dass dies Euer letzter Tag auf Erden wäre, wie würdet Ihr ihn verbringen?


Am wichtigsten wäre mir, den Tag mit einem sehr besonderen Menschen zu teilen. Ich würde lange schlafen, dann ein reichliches Frühstück zu mir nehmen – Toast, Roast Beef, Rührei & Speck, Kaffee. Ein ausgiebiges Bad zu Zweit mit einem guten Glas Wein, dann ein langer Spaziergang an Orte, die mir wichtig waren – die Orte meiner Kindheit, an denen ich glücklich war, auch wenn viele von ihnen heute zugebaut und verschwunden sind. Von den glücklichen Momenten erzählen und mit den schlechten endlich Schluss machen – die Vergangenheit ist tot und begraben, nur die Gegenwart zählt. Ein Mittagessen mit meiner Familie, nichts Spektakuläres, eher wie jeden Tag – vielleicht Schinkennudeln. Ein kurzer Abschied ohne Tränen, ich würde nichts davon sagen, dass dies mein letzter Tag ist.

Nach dem Essen würde ich von ein paar Dingen Abschied nehmen, die mir wichtig sind – vor Allem meine Bücher – dann würde ich etwas letztes Schreiben, ein Gedicht oder eine Kurzgeschichte, und im Anschluss den späteren Nachmittag in einem Café mit meinen Freunden verbringen. Mit viel Milchkaffee und zu vielen Zigaretten würde ich noch einmal mit ihnen Lachen und über die vielen Kleinigkeiten und auch die wichtigen Dinge reden, die mich mit ihnen verbinden und die uns am Herzen liegen. Mein letzter Tag wäre nicht in Ordnung, wenn ich sie nicht noch einmal sehen würde – es gibt Weniges, was mir so wichtig ist, wie meine Freunde.

Der Abend aber, wäre eine Sache für Zwei. Zuerst ein schönes Abendessen kochen, Pasta oder Filet, und dann ein romantisches Candlelight-Dinner. Dann noch einen guten Whiskey und kalten Cider und den Abend gemeinsam auf der Couch verbringen. In ihren Armen einschlafen im Wissen, dass der Tag nicht verloren war.


Zugegeben, es ist eine merkwürdige Sache, sich diesen letzten Tag auszumalen. Ich bin froh, dass es keinerlei Anzeichen gibt, dass mein letzter Tag bald kommen wird. Aber dieses Gedankenspiel ist trotzdem nicht müßig. Es zeigt, was im Leben wichtig ist. Freunde und geliebte Menschen. Die Erinnerung daran, woher wir kommen und was uns geprägt hat, ohne jedoch in der Vergangenheit verhaftet zu bleiben – wir leben nur hier und jetzt, genau in diesem Augenblick. Lachen und Freude. Dinge und Erlebnisse, die uns zusammenschweißen. Gemeinsam Essen und Trinken. Literatur und Poesie – die Gedanken und Gefühle, die bleiben, wenn wir schon lange nicht mehr sind. Familie. Eine Umarmung, ein Lächeln, ein Kuss. Liebe.

Wie würdet Ihr Euren letzten Tag verbringen?

Donnerstag, Januar 11, 2007

Literatur und Journalismus


„Der Unterschied zwischen Literatur und Journalismus besteht darin, dass der Journalismus unlesbar ist und die Literatur nicht gelesen wird.“

- Oscar Wilde


Hmmm, soll ich mich wirklich daran wagen, die Worte des großen Meisters zu kommentieren? Nach kurzer Überlegung komme ich zu dem Schluss: ja, sicher, denn wie sagte Wilde selbst: „Allem kann ich widerstehen, nur der Versuchung nicht.“ Also, legen wir mal los!

Ich habe nun schon ein wenig Erfahrung im journalistischen Schreiben und aus der jüngeren Vergangenheit auch im literarischen. Für mich liegt der Hauptunterschied in den Regeln, die für die jeweilige Gattung gelten. Das journalistische Schreiben ist noch stärker handwerklich geprägt, als das das literarische. Im Vordergrund steht das Bemühen, den Inhalt des Textes so allgemein verständlich zu präsentieren, dass jeder Leser ihm folgen kann. Der vermutete Rezipient wird am unteren Ende der Wissens- und Verständnisskala angesetzt, alles soll ihm erklärt werden und man darf ihn ja nicht durch Fremdworte und komplexere Satzstrukturen verschrecken. Es scheint, als wäre der durchschnittliche Leser ein sehr scheues Tier, das leicht durch Syntax und Semantik aus der Bahn zu werfen ist. Sätze sollen kurz, aktiv und knackig (mein persönliches Unwort des Jahres) sein, am Besten reine Hauptsätze, nur im Ausnahmefall mag ein Nebensatz mal in Ordnung gehen. Die Passiv-konstruktion ist dem Journalisten so verhasst wie dem Teufel das Weihwasser, um gleich in diesem Satz noch eine weitere Kardinalsünde zu begehen – das Verwenden von Wortschablonen. Nun geben wir noch dem überflüssigen Adjektiv den Todesstoß und richten unseren Text- und Informationsfluss am Prinzip der umgekehrten Pyramide aus, und schon haben wir den perfekten journalistischen Text, oder?

Ganz so leicht ist es leider nicht. Mag ich mich auch beizeiten an den strengen Regeln des Journalismus stören, so muss ich doch zugeben, dass sie ihre Berechtigung haben für Texte, deren Gebrauchsnutzen das verständliche Weitergeben von Information ist. Wer sich schon einmal über einer schlechten Gebrauchsanweisung für ein elektrisches Gerät schwarz geärgert hat, weiß es bestimmt gleich zu schätzen, wenn ein Text klar strukturiert und schlicht gehalten ist. Neben die handwerkliche Kunst in der Formulierung tritt aber mindestens genauso wichtig die Beschaffung und Verifizierung der zu transportierenden Information – gemeinhin auch als Recherche bekannt. Ziel hierbei sollte es sein, möglichst korrekte und allgemein gültige Fakten über ein Ereignis oder die Zusammenhänge, in denen es steht, in Erfahrung zu bringen. Aus der Synthese von Recherche und Darstellung entsteht nun ein Beitrag, der den Leser informiert, ihm Dinge nahe bringt, die er entweder noch nicht wusste oder nicht in vollem Umfang erfassen konnte. Ziel des Beitrags ist es also, dem Leser vom Nutzen zu sein. Wir erweitern also unsere Definition des durchschnittlichen Lesers: er ist ein sehr scheues Tier, das leicht durch Syntax und Semantik aus der Bahn zu werfen ist, aber den starken Drang hat, sich zu informieren und komplexe Zusammenhänge zu erfassen, die ihm zuvor noch nicht bekannt oder schlüssig waren.

Nun fehlt uns nur noch ein weiterer wichtiger Aspekt des journalistischen Schreibens – die Objektivität. Beim Erstellen eines Beitrages soll der Verfasser in den Hintergrund treten, seine eigene Meinung möglichst vergessen, und dem Leser die ungeschminkte, unverfälschte Wahrheit präsentieren. Ich ignoriere hier im Augenblick mit Absicht die meinungsgeprägten journalistischen Darstellungsformen, wie den Kommentar oder die Glosse, und verzichte ebenso auf eine Definition des Begriffes „Wahrheit“ - beides würde den Rahmen dieses Blogbeitrages eindeutig sprengen. Die erklärte Absicht des Journalisten ist es also, die Vorgänge, über die er berichtet, möglichst objektiv und allgemeingültig zu präsentieren, um dem Leser die Möglichkeit zu geben, sich selbst eine Meinung zu bilden und sich nicht vom Informierenden manipulieren zu lassen. Wir schließen wiederum invers auf den Leser und erweitern erneut unsere Definition: er ist ein sehr scheues Tier, das leicht durch Syntax und Semantik aus der Bahn zu werfen ist, aber den starken Drang hat, sich zu informieren und komplexe Zusammenhänge zu erfassen, die ihm zuvor noch nicht bekannt oder schlüssig waren, und zugleich jede Form der Manipulation ablehnt, die auf seine Meinungsbildung Einfluss zu nehmen sucht.

Betrachten wir nun schlicht, subjektorientiert und objektiv die Definition unseres durchschnittlichen Lesers, so kommen wir kaum umhin zuzugeben, dass er deutlich anspruchsvoller und komplexer ist, als wir zunächst angenommen haben. Ein journalistischer Beitrag, der alle diese Kriterien erfüllt, ist also doch nicht so leicht zu schreiben und läuft, gemäß Oscar Wilde, Gefahr, unlesbar zu werden. Es könnte also leicht passieren, dass der Text umfassend und meinungsfrei informiert, dabei aber leider den Reiz verliert, mit Vergnügen gelesen zu werden.

Schlagen wir nun den Bogen zur Literatur und vergleichen ihr Entstehen direkt mit dem journalistischen Schreiben. Meiner eigenen chaotisch-strukturierten Natur entsprechend, möchte ich gleich das Pferd von hinten aufzäumen und bei der Objektivität beginnen. Der literarisch Schreibende transportiert seine eigenen Eindrücke und Gedanken in seinen Texten und schert sich herzlich wenig um Allgemeingültigkeit. Er legt es geradezu darauf an, den Leser hinters Licht zu führen und ihm immer nur genug Information zu geben, damit er die angestrebte Reaktion zeigt. Sei es der Krimiautor, der nur gut versteckte Hinweise ausstreut und falsche Fährten legt, bis sein Protagonist im letzten Kapitel den Fall löst, oder auch der Autor des Liebesromans, der die Handlung nur aus der Sicht eines der Liebenden schildert und so durch diese gefärbte Brille eine vorinterpretierte Sicht der Welt als einzige zulässt. Gerade diese Beschränkung auf die Sichtweise und Erfahrungswelt des Autors ist es, die es interessant macht, sein Werk zu lesen, und die den Leser für ein paar Stunden aus seinem Alltag abholt und in eine andere, meist interessantere Welt entführt.

Die Recherche sollte der Autor dabei genauso wenig vernächlässigen wie der Journalist. Der Autor arbeitet immer mit einem Abbild der Welt, egal ob er fiktiv oder historisch schreibt. Dabei muss er sich bemühen die Realität seiner Fiktion möglichst dicht und täuschend echt zu gestalten, damit der Leser nicht durch kleine, falsch recherchierte Details aus der Bahn geworfen wird. Stößt sich beispielsweise der Leser eines historischen Romans daran, dass die Protagonisten im Deutschland des 13. Jahrhunderts eine Kartoffelspeise verzehren, so wird er generell misstrauisch gegen die anderen, essentiellen Elemente der Handlung eingestellt sein. Die fiktive Realität ist gebrochen und entlarvt, der Leser nicht mehr von der Handlung gefesselt, sondern in einem Metadenken verfangen, dass ihn ständig überprüfen lässt, ob noch weitere Fehler im Dargestellten zu finden sind ... wenn er nicht einfach enttäuscht das Buch in die Ecke pfeffert.

Kommen wir nun zur sprachlichen Gestaltung des literarischen Schreibens. Erfreulicherweise ist diese so vielfältig, dass noch viele Generationen von Literaturwissenschaftlern sich an ihr vergehen können. Verallgemeinernd lässt sich zu ihr nur sagen, dass die sprachliche Gestaltung dem Genre und dem Zweck des Textes angemessen sein sollte. Sie muss ihre Wirkung beim Leser entfalten, ihn verführen, sich auf die Handlung einzulassen und zu ignorieren, dass er gerade im Zug oder auf seinem Sofa sitzt und sich nicht wirklich am fiktiven Ort der Handlung befindet. Sie bringt nicht die entscheidenden Punkte zuerst, ist nicht schlicht und allgemein verständlich, setzt stattdessen auf jeden Kunstgriff, der beim Leser, statt dem Intellekt, die Gefühle anspricht. Daraus ergibt sich auch, dass der durchschnittliche Leser literarischer Erzeugnisse nicht ganz so einfach zu definieren ist. Er kann jeder sein, der sich auf den Text einlässt und bereit ist, sich von ihm entführen zu lassen. Hierin liegt auch die Schwierigkeit, die passende Literatur an den geeigneten Leser zu bringen, die leider oft genug zu Oscar Wildes Aussage führt, dass „die Literatur nicht gelesen wird.“

Langsam wird es wohl Zeit für ein Fazit dieses langgezogenen Textes, den Du, geneigter Leser, bis hierher verfolgt hast. Soll das Fazit sein, dass Literatur höher steht als Journalismus, edler und schwerer zu schreiben? Mitnichten! Die zwei Gattungen sind eher wie Äpfel und Birnen – süß und wohlschmeckend, wenn sie reif sind – aber letztendlich kaum miteinander zu vergleichen. Sie haben unterschiedliche Zielrichtungen und Absichten, und sie sind beide für sich wichtig und wertvoll. Die eine nährt unseren Kopf, die andere unseren Bauch – und wirklich gute Exemplare bewerkstelligen beides. Schlechte Exemplare nähren nur die Würmer und verursachen Bauchschmerzen. Für mich hat beides seinen Reiz, aber ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich mich beidem widmen möchte – schließlich habe ich einen großen Kopf und einen großen Bauch!

Ich hoffe sehr, dass Oscar Wilde mir posthum diesen kleinen Exkurs verzeihen möge und nicht mit diesen Worten über ihn urteilen würde: „Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.“

Mittwoch, Januar 10, 2007

Halbzeit

Keine Sorge, ich bin nicht über Nacht zum Fußballfan mutiert. Vielmehr hatten wir Anfang der Woche offiziell Halbzeit in meiner Weiterbildung zum Online-Journalisten. Letzte Woche haben wir unser „Journal Digital“ fertig gestellt, eine Zeitschrift, in der Beiträge zum Oberthema „Leben und Sterben in München“ zusammengefasst sind. Die Beiträge wurden von den Teilnehmern meines Kurses verfasst und sind durch die Bank interessant und lesenswert.

Was hat sich sonst noch getan? Wir sind jetzt ein Vierteljahr zusammen und haben uns intensiver kennen gelernt. Mein persönliches Fazit: ich fühle mich sauwohl im meinem Kurs. Es ist eine echte Freude mit diesem Häufchen kreativer Individuen zusammen zu arbeiten und gemeinsam zu lernen. Die Charaktere könnten kaum unterschiedlicher sein und gerade diese Mischung macht viel vom Reiz der Gruppe aus. Natürlich bleibt es auch nicht aus, dass man sich mal in die Wolle gerät, wenn man 14 Menschen mit starken Persönlichkeiten und eigenem Kopf in einen Raum steckt und sie gemeinsam an Projekte im Medienbereich setzt. Im großen und ganzen waren die letzten drei Monate aber harmonischer und vergnüglicher als ich mir im Vorfeld erhofft hatte.

An dieser Stelle möchte ich meinen KurskollegInnen sowohl meine Hochachtung, als auch meinen Dank aussprechen für eine wunderbare Zeit, die wir miteinander verbracht haben. Ich bin sehr froh darüber, euch kennen gelernt zu haben, und freue mich sehr darauf, die nächsten drei Monate mit euch zu verbringen. Auch wenn manche von euch beizeiten etwas anstrengend sind ... aber das bin ich wohl auch – gelegentlich...

:-)


Montag, Januar 08, 2007

Ein herber Verlust